Tierseuchenüberwachung, -prävention und -bekämpfung
Überblick über Tiergesundheitsgesetze, das Vorgehen im Verdachtsfall und weitere Maßnahmen in Österreich
Seit 1909 werden Tierseuchen in Österreich rigoros bekämpft. Das seitdem mehrmals novellierte Tierseuchengesetz wurde 2024 durch das Tiergesundheitsgesetz 2024 ersetzt. In diesem Artikel erhalten Sie einen Überblick über die Vorgehensweise vom Verdacht bis zur Bekämpfung.
Die Verordnung (EU) 2016/429 („Animal Health Law“ – AHL) regelt die Tierseuchenüberwachung, -prävention und –bekämpfung in der Europäischen Union.
Sie ist am 21. April 2021 in Kraft getreten und in der gesamten EU unmittelbar anwendbar. Zur Durchführung dieser Bestimmungen sind nationale Gesetze notwendig, die unter anderem Behördenzuständigkeiten oder Strafbestimmungen regeln.
Im neuen Tiergesundheitsgesetz 2024, welches seit 1. Juli 2024 in Kraft ist, werden das Tierseuchengesetz, das („alte“) Tiergesundheitsgesetz und das Bienenseuchengesetz in einem zentralen Gesetz zusammengefasst und Widersprüchlichkeiten zum AHL beseitigt, womit ein Vollzug des europäischen Tiergesundheitsrechts erleichtert wird.
Im AHL werden Tierseuchen in Kategorien unterteilt, die von verschiedenen Faktoren, wie der Ansteckungsfähigkeit, Sterberate oder der wirtschaftlichen Bedeutung abhängig sind, wobei A die höchste und E die niedrigste Kategorie darstellt.
Eine Krankheit der Kategorie A, B oder C ist automatisch auch immer eine Krankheit der Kategorie D und E.
Kategorie A
Seuchen der Kategorie A treten normalerweise nicht in der EU auf und müssen sofort bekämpft werden, sobald sie nachgewiesen werden.
Kategorie B
- Seuchen der Kategorie B müssen immer bekämpft werden, sobald sie nachgewiesen werden, mit dem Ziel, sie in der EU zu tilgen.
- Für diese Krankheiten kann der Status „seuchenfrei“ erreicht werden.
Kategorie C
- Bei Auftreten einer Kategorie C-Seuche müssen Maßnahmen getroffen werden, damit sie sich nicht in der EU ausbreiten.
- Für diese Krankheiten kann der Status „seuchenfrei“ erreicht werden.
Kategorie D
- Bei Auftreten einer Kategorie D-Seuche müssen Maßnahmen getroffen werden, um ihre Ausbreitung beim Handel mit Tieren oder tierischen Produkten in der EU zu verhindern.
- Sogenannte „handelsrelevante“-Seuchen
Kategorie E
Seuchen der Kategorie E müssen innerhalb der EU überwacht werden.
Ohne Fachkenntnisse ist es schwer, ein auftretendes Krankheitsbild bei einem Tier einer meldepflichtigen Tierseuche zuzuordnen. Daher sollte ein Tierarzt bzw. eine Tierärztin zu Rate gezogen werden.
Meldepflicht bei dem Verdacht auf eine Tierseuche Sinne des TGG 2024 sind alle in der Verordnung (EU) 2018/1882 aufgelisteten Krankheiten sowie TSE (inkl. BSE), Salmonellen, die ansteckende Schweinelähmung, die Vesikuläre Virusseuche der Schweine, die Stomatitis vesikularis und die Affenpocken.
Für Österreich relevante, der rund 70 meldepflichtigen Tierseuchen und ihre Kategorisierung gemäß AHL sind:
Kategorie A (müssen bekämpft werden)
- Maul- und Klauenseuche (MKS)
- Rinderpest
- Lumpy-Skin-Krankheit
- Lungenseuche der Rinder und Lungenseuche der Ziegen
- Pest der kleinen Wiederkäuer (PPR)
- Schaf- und Ziegenpocken
- Klassische – und Afrikanische Schweinepest
- Geflügelpest (HPAI, Vogelgrippe)
- Newcastle-Krankheit
- Afrikanische Pferdepest
- Rotz
Kategorie B (müssen bekämpft werden)
- Tollwut
- Tuberkulose (MTBC)
- Brucellose (bei u.a. Rindern, weibliche Schafe und Ziegen)
Kategorie C (Ausbreitung muss verhindert werden)
- Blauzungenkrankheit (BTV)
- IBR/IPV
- Enzootische Leukose der Rinder
- Bovine Virus Diarrhoe (BVD)
- Aujeszkysche Krankheit
- Varroose (bei Absterben von mind. 30% der Völker eines Bienenstandes)
- Virale Hämorrhagische Septikämie (VHS)
- Infektiöse Hämatopoetische Nekrose (IHN)
Kategorie D (Freiheit muss vor Verbringung nachgewiesen werden)
- Epizootische Hämorrhagie (EHD)
- Milzbrand
- Seuchenhafter Spätabort der Schweine (PRRSV)
- Ansteckende Blutarmut der Pferde (EIA)
- Amerikanische Faulbrut
- Chlamydiose/Psittakose
Kategorie E (müssen überwacht werden)
- Paratuberkulose
- Q-Fieber
- West-Nil-Fieber
- Koi-Herpesvirus
- ansteckende Schweinelähmung
- Vesikuläre Virusseuche der Schweine
- Stomatitis vesikularis
- Affenpocken
Kategorie A-Seuchen
- Der begründete Verdacht auf eine Seuche der Kategorie A oder der Nachweis einer solchen ist unverzüglich und auf dem kürzesten Wege bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde (Amtstierarzt/Amtstierärztin) oder, sofern dies nicht möglich ist, bei der nächsten Polizeidienststelle zu melden
- Die Meldung kann auch zuerst an einen Tierarzt/eine Tierärztin erfolgen, der/die die Meldung nach Bewertung der Situation dann durchführt.
Bis zum Vorliegen eines Untersuchungsergebnisses (meist 1-2 Tage) erfolgt immer eine vorläufige Sperre des Betriebes.
Kategorie B bis E-Seuchen
- Der begründete Verdacht auf eine Seuche, die nicht in die Kategorie A fällt, oder der Nachweis einer solchen ist so bald wie möglich (nächster Werktag) der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde (Amtstierarzt/Amtstierärztin) oder, sofern dies nicht möglich ist, bei der nächsten Polizeidienststelle zu melden
- Die Meldung kann auch zuerst an einen Tierarzt/eine Tierärztin erfolgen, der/die die Meldung nach Bewertung der Situation dann durchführt.
- Es gilt zu beachten, dass manche Tierseuchen niedrigerer Kategorien auch Tierseuchen höherer Kategorien im Krankheitsbild ähneln können (z.B. Bläschen bei der Blauzungenkrankheit und der Maul- und Klauenseuche) und deswegen im Zweifel vom Verdacht auf eine Kategorie A-Seuche auszugehen ist.
Die zu setzenden Maßnahmen sind allgemein von der Kategorie der Krankheit abhängig und unterscheiden sich je nachdem, wie die Krankheit sich ausbreitet (Wind, direkter Kontakt, Vektoren wie Zecken oder Mücken, über tierische Erzeugnisse etc.) und ob sie für den Menschen oder Wildtiere ansteckend ist.
Kategorie A und B
Bei Kategorie A-Seuchen gibt es die weitreichendste Bekämpfung. Je nach Krankheit kommen folgende Maßnahmen zur Anwendung, die immer auf eine gewisse Sperrzone begrenzt sind.
- Betriebssperre (auch von Kontaktbetrieben)
- Verbot der Verbringung von lebenden Tieren
- Vermarktungsverbot
- Untersuchung (und Beprobung) aller empfänglichen Tiere in einer Sperrzone
- Verbot, gehaltene Tiere abseits von befestigten oder umzäunten Ausläufen frei laufen zu lassen (Verbot Freilandhaltung, Weidehaltung etc.)
- Maßnahmen für die Haltung anordnen, die einen Kontakt zu anderen Tieren ausschließt
- Desinfektionsmaßnahmen für Personen und Fahrzeuge
- Umleitung des Durchzugsverkehrs
- Anordnung der Behandlung von Tieren durch einen Tierarzt oder eine Tierärztin;
- Ernteeinholungsverbote;
- das Verbot der Verfütterung bestimmter Stoffe oder Futtermittel
- Einschränkung der jagdlichen Tätigkeit oder verstärkte Jagd
- Verbot oder Einschränkung land- und forstwirtschaftlicher sowie sonstiger (Freizeit-)Aktivitäten
- Errichtung von Elektrozäunen und anderen Arten von Einfriedungen oder Sperren
Kategorie C und D
- Betriebssperre
- Einzeltiersperre
- Verbringungseinschränkungen
- Gegebenenfalls Anordnung der diagnostischen Schlachtung oder Tötung von Einzeltieren zur Diagnosestellung
Kategorie E
- Bei E-Seuchen wird der Fall im Verbrauchergesundheitsinformationssystem (VIS) dokumentiert, um einen Überblick über das Vorkommen zu haben.
- Bei manchen Krankheiten (z.B. West-Nil-Fieber) erfolgt eine Impfberatung zur zukünftigen Prävention
Die prophylaktischen Maßnahmen sind vielfältig und abhängig von der Betriebsstruktur und der Art der gehaltenen Tiere.
Grundsätzlich sind eine allgemeine Betriebshygiene, der jeweiligen Tierart angepasste optimale Haltung, intensive Betreuung und Versorgung sowie bei Bedarf eine wirksame Schädlingsbekämpfung wichtige vorbeugende Faktoren.
Zukäufe sollen nur aus Betrieben erfolgen, die eine Seuchenfreiheit der Tiere garantieren können. Die Freiheit der Tiere von meldepflichtigen Tierseuchen wird in den gesetzlich vorgeschriebenen Gesundheitszeugnissen (national: Viehverkehrsschein, EU-Ebene TRACES) von den Tierhalterinnen und Tierhalten, bzw. im Fall des TRACES von Amtstierärztinnen und Amtstierärzten bestätigt.
Fragen zu vorbeugenden Impfungen und Untersuchungen können an Amtstierärzte oder Amtstierärztinnen, sowie freiberuflich tätige Tierärzte und Tierärztinnen gerichtet werden.
Ihre Kontaktstelle des Landes
Abteilung Veterinärangelegenheiten und Lebensmittelkontrolle Landhausplatz 1, Haus 12 3109 St. Pölten E-Mail: post.lf5@noel.gv.at
Tel: 02742/9005-46455
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